Nachdem ich meinen Wehrdienst in Israel beendet hatte, beschloss ich, einmal etwas ganz anderes zu tun und für dreieinhalb Monate auf den Spuren des Zweiten Weltkriegs zu reisen. Ich landete in Berlin, wo ich mir einen Bus kaufte, der mit einem Bett, einem Gaskocher und einem kleinen Kühlschrank ausgestattet war und begann meine Reise. Ich reiste von Frankreich über England, die Niederlande und Belgien nach Deutschland und Tschechien und von dort nach Polen. Dort verkaufte ich meinen Bus und setzte meinen Weg per Eisenbahn fort, über Litauen nach Russland. Während meiner Reise besuchte ich über 180 Stätten die in irgendeiner Weise mit dem Krieg in Verbindung gebracht werden. Jeder Aspekt dieses Krieges faszinierte mich – die Schlachten, der Holocaust, die Kriegsführung, die Ideologie und die Technologie. Ich besuchte bekannte Orte wie die Normandie, Berlin, Warschau und Moskau, aber auch kleinere ehemalige Kriegsschauplätze, die an weniger bekannte Aspekte des Krieges erinnern. Die Reise war jedoch mehr als nur die Erkundung einiger ehemaliger Kriegsschauplätze. Obwohl ich die Tour „Auf den Spuren des Zweiten Weltkriegs“ nenne, war es in Wirklichkeit eine Reise auf den Spuren der Erinnerungen an den Krieg. Nachdem der Krieg am 8. Mai 1945 beendet war, wurde begonnen, die Erde von den Trümmern zu befreien und Zerstörtes wieder aufzubauen. Gleichzeitig jedoch begann man, eine Kultur der Erinnerung zu konstruieren; ein Narrativ der Geschehnisse, das die nächsten Generationen begleiten würde. Ich wurde nicht Zeuge von Schlachten, ich sah nur Friedhöfe; Ich besichtigte nicht Auschwitz sondern nur das Museum, das an der Stelle eines der Lager in Auschwitz errichtet wurde. Und auch das Berlin von heute ist nicht das Berlin von 1945. Die Architekten von Museen, Friedhöfen und Gedenkstätten arbeiten nicht nur an der Erhaltung von Erinnerungen, sie kreieren und begünstigen auch ganz bestimmte Erinnerungen. Dabei unterscheiden sich jene der Franzosen von denen der Deutschen oder der Russen. In England werden die Toten betrauert während man in Russland den Sieg über die Deutschen in den Mittelpunkt rückt. Amerikaner begreifen den Krieg als Kampf für Demokratie und in Deutschland wird vor allem an die Kriegsgräuel erinnert. Auf meiner Tour begann ich zu verstehen, dass die Art, wie an ein Ereignis erinnert wird, viel mehr über die Gegenwart einer Gesellschaft aussagt als über ihre Vergangenheit, indem sie zeigt, woran sie erinnern will und was lieber vergessen werden soll. In meinen Vorträgen über die Reise spreche ich über Berlin und Moskau, über Kriegsgedenkstätten und Friedhöfe und über die Spuren einer Ideologie, die versucht hat, die „Arische Rasse“ durch ethnische Säuberung von „negativen Elementen“ in der Bevölkerung zu reinigen. Außerdem spreche ich über die Route vom Konzentrationslager Dachau zum Konzentrationslager von Treblinka, über die letzten Tage Hitlers in seinem Bunker und die Dörfer von Oradour-sur-Glane und Steinhoering. Der Vortrag beinhaltet also sowohl Geschichtliches als auch persönliche Geschichten und Eindrücke meiner Reise.

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